Als Kind der 80er und 90er Jahre erlebte ich den Aufstieg der Videospielkultur hautnah mit. Mein erster Berührungspunkt mit der „revolutionären Technik“ war mit 10 Jahren, als ich zu Weihnachten einen nagelneuen Nintendo Game Boy von meinen Eltern unter den Weihnachtsbaum gelegt bekam. Damals ahnte noch niemand, dass dies der Anfang einer großen Videospielleidenschaft war. Es folgten weitere Spielekonsolen und darüber hinaus mein erster „Personal Computer“, ein gebrauchter Commodore 128. Es war Liebe auf den ersten „Klick“, denn an meinen C128/C64 habe ich heute noch die wärmsten Erinnerungen. Ganz speziell hat es mir die Musik des „Brotkastens“ angetan. Da viele Spiele für meinen Commodore in englischer Sprache verfügbar waren, lernte ich so nebenbei meine ersten englischen Wörter und Sätze. Einen Riesenspaß hatte ich beim Durchstöbern diverser C64‘er Zeitschriften. Ich verbrachte Stunden damit den dort abgedruckten Quellcode 1 zu 1 einzutippen. Es kam allerdings nur selten vor, dass ich das Programm, bzw. das Spiel im Anschluss reibungslos zum Laufen brachte. Es versteckte sich immer irgendwo ein Fehler im Code, den es zuerst ausfindig zu machen galt. Der schöne Nebeneffekt: Damit lernte ich die Grundlagen der Basic-Programmierung.
Ende der 90er bis Anfang der 2000 Jahre zog es mich eher zur neuen Generation der IBM-Rechenmaschinen hin, weg von den Spielekonsolen und dem C64. Mein erster Rechner war ein Pentium 100 mit grandiosen 500 MB Festplatte und Double-Speed CD-ROM Laufwerk. Hier waren es neben ersten Gehversuchen in Word, Excel und Powerpoint vor allem Strategie- (Command & Conquer) und Ballerspiele (Doom) die mich in ihren Bann zogen. Da diese Art von Spielen leistungsmäßig über die Jahre immer mehr von der PC-Hardware forderte, musste ich meinen PC alle paar Jahre aufrüsten. Dies brachte mir sowohl das Know-How in puncto Hardware, als auch das Geschick und die Fingerfertigkeit im Ein- und Umbau von Grafikkarten, Prozessoren oder Mainboards, was ich dann auch für Freunde und Verwandte gerne tat.
Vom Ende der 2000er bis Anfang der 2010er Jahren nahm ich – bis auf wenige Stunden im Monat – Abstand von Video- oder PC-Spielen, da mein Studium, Promotion, Sport, Familie und daraufhin meine erste Arbeitsstelle wenig Zeit fürs Zocken übrigließen.
Im Jahr 2013 wurde mein Leben durch einen privaten Einschnitt „auf links“ gedreht. In diesem Zug wollte ich meine Liebe zu den alten Videospielen wieder neu erwecken und schoss mir den Super Nintendo auf ebay. Diese bespielte ich auch fortan regelmäßig, und es folgte bald der Game Boy.
Ende 2015 wollte ich mich mit Gleichgesinnten austauschen und suchte daher nach organisierten Retro- Videospiel-Treffs im Umkreis. Da ich im Raum Heilbronn/Stuttgart nichts Ansprechendes fand, entschloss ich mich kurzerhand selbst das Event auf die Beine zu stellen, welches ich gerne selbst besucht hätte.
Aus dieser Motivation heraus, wollte ich einen Ort schaffen, an dem man Gleichgesinnte trifft, sich austauscht und zusammen offline zockt. Ich startete die „Retro Gaming Lounge (RGL)“ im April 2016 mit der ersten Auflage. Es kamen etwas mehr als ein Duzend Retro-Gaming-Fans ins Kleintierzuchtheim nach Heilbronn. Angespornt durch die exzellente Resonanz setzte ich weitere Events um. Seit der 8. Auflage findet die RGL im Jugendhaus in Obersulm statt. Bei der 10. Jubiläumsauflage im November 2019 waren über 60 Retro-Gamer und Gamerinnen vor Ort. Es wurde sich mit anderen in Turnieren gemessen, das Nerd-Wissen bei einem Retro-Quiz getestet, oder einfach nur gemütlich auf dem Sofa gesessen und miteinander eine Runde in „Donkey Konga“ getrommelt.
Durch positive Mund-zu-Mund-Propaganda, meine Internetpräsenz und anderen sozialen Medien, wurde meine RGL für März 2020 von der Stadtbücherei Heilbronn gebucht. Das Publikum war ein anderes, doch konnten auch die Teilnehmer dort dem Charme von Mario, Yoshi und Co. nicht widerstehen. Groß und Klein war voll im Retro-Enthusiasmus und das Event somit ein voller Erfolg.
Über die Jahre konnte ich bis dato (Stand: Mai 2023) über 35 Retro-Konsolen und -handhelds ergattern, über ein Dutzend alte Röhren-TVs vor dem Schrottplatz bewahren, sowie über 400 Retro-Spiele ansammeln.
Ich bin sehr dankbar dafür mit diesen Events ein Stück meiner eigenen Kindheit der Welt zurückgeben zu können. Dafür werfe ich mich gerne ins Zeug und freue mich auf weitere Veranstaltungen.
Was bringt die Zukunft?
Ich freue mich, meine Angebote weiterzuentwickeln. Z.B. möchte ich in Zukunft für Bildungseinrichtungen nicht nur unterhaltsame, sondern auch edukative Quiz-Shows (Educational Quizzes) anbieten. Eines meiner Herzensanliegen ist es, das Spannungsfeld Gaming und Sucht sowohl für die Kinder und Jugendlichen, als auch für deren Eltern transparent zu machen. Ganz nach dem Motto: „Wie uns moderne Spiele süchtig machen und warum Sie Ihrem Kind besser einen Game Boy kaufen sollten“.